TRISOMIE X KONTAKTGRUPPE ÖSTERREICH
 

 


Die Ursache

Frauen haben normalerweise 2 X-Chromosomen, ihre Chromosomenkonstitution (Karyotyp) lautet 46,XX (d.h. 44 Autosomen und 2 Geschlechtschromosomen). Aufgrund einer Fehlteilung der Chromosomen bei der Zellteilung kann es jedoch vorkommen, dass ein Mädchen mit 3 X-Chromosomen (Triple-X Syndrom, Trisomie X, Karyotyp 47,XXX) entsteht. In sehr seltenen Fällen kommt es sogar zu vier (Tetra-X Syndrom) oder fünf (Penta-X Syndrom) X-Chromosomen bei einem Mädchen.

Konkret bedeutet das aber auch, dass die 3X-Chromosomenkonstitution schon immer in der weiblichen Bevölkerung vorgekommen ist, sie jedoch erst im Jahre 1959 von Patricia Jacobs und ihren Mitarbeitern wissenschaftlich beschrieben und in den folgenden Jahrzehnten in verschiedenen Studien untersucht wurde.

Das mütterliche Alter spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung der meisten Trisomien, daher kann auch im Falle einer Trisomie-X Tochter von dieser Tatsache ausgegangen werden. Da unter anderem in Europa ein Trend zu immer späterer Elternschaft besteht, wird folglich die Häufigkeit für das Entstehen des Trisomie-X Chromosomensatzes (auch des Klinefelter-Syndroms) weiter ansteigen. Demgegenüber steht der zunehmende Einsatz von Pränataldiagnostik, d.h. immer mehr werdende Eltern wissen bereits im Laufe der Schwangerschaft Über die genetische Konstitution ihrer ungeborenen Töchter und Söhne Bescheid.

Die Häufigkeit

Aufgrund von Schätzungen wird derzeit die Häufigkeit für das Vorkommen des Trisomie-X Syndroms auf ca. 1:1000 lebend geborene Mädchen angenommen. Daraus folgt, dass allein in Österreich ungefähr 3.500 bis 4000 und in Deutschland bis zu 40.000 Mädchen und Frauen leben. Allerdings wird der Großteil dieser Mädchen und Frauen niemals mit der 3X-Chromosomenkonstitution in Verbindung gebracht bzw. sogar als 3X Trägerin diagnostiziert, da in den meisten Fällen keine konkreten Symptome erkennbar sind, die darauf hinweisen würden.

Die körperlichen Auswirkungen

Grundsätzlich treten – im Gegensatz zu vielen anderen Trisomien - keinerlei typische körperliche Merkmale bei einem Mädchen oder einer Frau mit dem Karyotyp 47,XXX auf. In einigen Studien wurde aufgezeigt, dass im Vergleich Triple-X Neugeborene etwas leichter und Trisomie-X Frauen etwas größer als ihre Geschwister sind, allerdings kann man andere Einflussfaktoren für diese Unterschiede niemals ganz ausschließen. So zeigen Studien mit Neugeborenen beiderlei Geschlechts auf, dass Nachfolgegeborene tendenziell etwas größer werden als Erstgeborene oder dass die Neugeborenen älterer Mütter immer etwas leichter sind, als jene von jüngeren Müttern.

Auch verläuft die Geschlechtsentwicklung von Trisomie-X Mädchen völlig normal und es gibt keine Hinweise auf Unterschiede zu Frauen mit einem normalen Chromosomensatz in Bezug auf Hormonverlauf oder Sexualität. Der verfrühte Eintritt von Trisomie-X Frauen in das Klimakterium (Wechseljahre) konnte bisher noch nicht bestätigt werden, daher ist diese Annahme vorerst ebenfalls mit Vorsicht zu betrachten.

Die psychischen Auswirkungen

Im Allgemeinen weist in den aktuelleren Studien nichts auf ein höheres Risiko hin, dass Trisomie-X Frauen vermehrt an psychischen Erkrankungen leiden. Die Untersuchungen an einzelnen psychisch erkrankten Frauen, die erst in der Folge als Trisomie-X Trägerinnen diagnostiziert wurden, sind eher kritisch zu betrachten, da sie fälschlicherweise den Eindruck eines direkten Zusammenhanges vermitteln.

Einige Trisomie-X Mädchen durchlaufen eine abgeschwächte Trotzphase und sie schließen sich nicht gerne größeren Gruppen an. Diese Aussage kann jedoch nicht für alle Mädchen getroffen werden, denn es treten auf viele gegenteilige Fälle auf.

Die Intelligenz

Neueren Studien zufolge liegt die Intelligenz von Trisomie-X Mädchen und Frauen im Normbereich mit einer leichten Tendenz in Richtung unter dem Durchschnitt. Da die Intelligenz eines Menschen aber nicht nur von genetischen Faktoren, sondern auch von den Bedingungen abhängt, unter denen er aufgewachsen ist, ist auch bei der Trisomie-X Frau entscheidend, inwieweit ihre Intelligenz durch Anregung in ihren Kinder- und Jugendjahren gefördert wurde. Das bedeutet wiederum: es ist – wie bei einer Tochter mit normalem Chromosomensatz – ausschlaggebend, inwieweit Eltern eine Trisomie-X Tochter in ihrer Entwicklung unterstützen und bei einem eventuellen Förderbedarf eingreifen.

Völlig unberechtigt ist jedoch die Aussage, Trisomie-X Mädchen und Frauen wären geistig behindert bzw. in hohem Maße retardiert. Diese veraltete Erkenntnis stammt noch aus jener Zeit, in der es den werdenden Eltern zur Sicherheit empfohlen wurde, sämtliche von der Norm (46,XX oder 46,XY) abweichenden Chromosomenkonstellationen (X0, XXY, XXX, XYY, Polysemien, usw.) bei einem Fötus, mit einem Abbruch der Schwangerschaft zu beenden.

Eine wichtige Frage, die insbesondere werdende Eltern einer Trisomie-X Tochter immer wieder stellen, ist die nach der Fähigkeit ihrer Tochter zur Eigenständigkeit im späteren Erwachsenenleben. Trisomie-X Frauen ergreifen jedenfalls ganz alltägliche Berufe, wobei Untersuchungen aufzeigen, dass es eine Tendenz zu handwerklichen Berufen gibt und ein geringerer Anteil der Frauen einen akademischen Abschluss erreicht.

Das Frau-Sein

Ein Mädchen oder eine Frau mit dem Karyotyp 47,XXX ist daher keinesfalls als krank oder sogar als behindert anzusehen, da in ihrem Lebensverlauf keine auffälligen oder typischen Krankheiten in Zusammenhang mit ihrer Chromosomenkonstitution auftreten.

Das Wichtigste ist jedoch: Trisomie-X Frauen empfinden sich selbst als normale Frauen. Sie sind Partnerinnen, Mütter und Kolleginnen - genauso wie andere Frauen.

Die Fruchtbarkeit

Jede Zelle einer Trisomie-X Frau enthält 3 X-Chromosomen und damit natürlich auch jede Keimzelle. Daher sollte man annehmen, dass es bei 50% ihrer Kinder wieder zu einer Überzahl an X-Chromosomen kommt. Jedoch wurde bei Kindern von Trisomie-X Frauen im Rahmen von Studien festgestellt, dass es für die Kinder einer Frau mit Karyotyp 47,XXX kein vermehrtes Risiko gibt, zwei X-Chromosomen von der Mutter zu erhalten und folglich selbst wieder Trägerin des Trisomie-X oder Träger des Klinefelter Chromosomensatzes zu werden.

Allerdings ist die durchschnittliche Fruchtbarkeit von Trisomie-X Frauen im Vergleich zu Frauen mit normalem Chromosomensatz sicherlich etwas verringert, das bedeutet einerseits, dass es grundsätzlich länger dauern kann, bis eine Schwangerschaft bei diesen Frauen eintritt und andererseits, dass es unter Umständen einer medizinischen Intervention bedarf, damit es zu Schwangerschaft kommen kann.

Die Diagnose

Mittlerweile haben sich drei Situationen ergeben, in welchen die überhaupt erkannten Fälle von Trisomie-X Syndrom diagnostiziert wurden:

1. als Ergebnis der invasiven Pränataldiagnostik (Fruchtwasser- oder Plazentauntersuchung)
Dazu ist allerdings anzumerken, dass beim Trisomie-X Syndrom keine - wie sonst bei anderen Chromosomenfehlanzahlen häufigen - Auffälligkeiten (z.B. verdickte Nackenfalte, Plexus Zyste, Organfehlbildungen, usw.) vermehrt auftreten. Auch ist das Risiko, dass eine Trisomie-X Tochter noch im Mutterleib verstirbt, nicht höher als bei einer Tochter mit normalem Chromosomensatz.

2. bei auffälligen Entwicklungsverzögerungen einer heranwachsenden Trisomie-X Tochter in z.B. sprachlichen oder sozialen Bereichen, denn oft wird im Rahmen von allgemeinen Untersuchungen auch eine genetische Analyse durchgeführt.

3. oder schließlich, wenn eine Trisomie-X Frau längere Zeit vergeblich versucht schwanger zu werden und in einem von ihr aufgesuchten Kinderwunschzentrum unter anderem mit Hilfe einer genetischen Analyse nach der Ursache gesucht wird.

In Österreich ist die Durchführung (bzw. auch die Weitergabe der Ergebnisse) der genetischen Analysen gesetzlich geregelt und bedarf - nach einer professionellen Beratung - der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter bzw. der Testperson selbst.


TRISOMIE X-KONTAKTGRUPPE

Wir haben jetzt von der Klinefelter Syndrom Gruppe ausgehend eine Trisomie-X Kontaktgruppe in Österreich gebildet, da es viele Ähnlichkeiten zwischen den eventuell erforderlichen Hilfeleistungen während der Entwicklung von Jungen mit Klinefelter Syndrom und Mädchen mit Trisomie-X Syndrom gibt.

Wir beabsichtigen mit unserer Tätigkeit eine bessere Aufklärung von:
- werdenden Eltern noch ungeborener Kindern mit Trisomie-X Syndrom
- Eltern von heranwachsenden Kindern mit Trisomie-X Syndrom
- erwachsenen Frauen mit Trisomie-X Syndrom und
- Medizinern verschiedenster Fachrichtungen, die mehr Informationen zu diesen Syndromen benötigen.

Darüber hinaus ist es uns wichtig mit Medizinern und Genetikern zusammenzuarbeiten um:
- weiterhin zu aktueller Forschung anzuregen und
- bei bestehende Forschungsprojekte Unterstützung und Mitarbeit anzubieten.